INSPEKTOR SVENSSON: WANNABE SVENSSON [Der neue Adventskalenderroman]

Die folgenden Ereignisse finden zwischen 2 und 3 Uhr am Vortag zum Heiligen Abend des Jahres 2009 nach Christi Geburt statt. Alles, was Sie lesen, ereignet sich in Koordinierter Weltzeit UTC.

23.12.2009 - 02:00 UHR

[Lukas redet einem Freund ins Gewissen, Wannabe ist in einer gewissen freudigen Erwartung]

Kaum hatte Lukas die Bürotür hinter sich ins Schloß fallen lassen, da klopfte es erneut und ein leises Stimmchen verkündete von draußen: "Pizzaservice! Die Tür macht auf, das Tor macht weit ... hab nicht die ganze Nacht lang Zeit!". Svensson machte auf dem Hacken kehrt. Voller Elan riß er die Bürotür weit auf und jubelte: "Diese Stimme erkenne ich unter tausenden wieder! Spät kommt er, doch er kommt!". Aus dem Halbdunkel des Flurs rauschte mit leisem Surren ein elektrischer Rollstuhl in die neueröffneten, noch dezent nach frischer Wandfarbe duftenden Räumlichkeiten. Der Mann, der über einen kleinen Joystick an der rechten Armlehne jenen fahrbaren Untersatz geschickt lenkte, aber bemerkte nur kühl: "Du hast mich gerufen, hier bin ich, was kann ich für Dich tun?!". Ein leises Knurren war in diesem Moment recht deutlich aus Wannabes Richtung zu vernehmen. Doch diesmal war es nicht der Ex-CI7-Chef selbst, sondern vielmehr sein Bauch, der sich da recht deutlich zu Wort meldete. Der junge Mann in seinem Rollstuhl grinste: "Ah ja, hätte ich doch beinah vergessen! Schließlich lautete ja ein nicht ganz unwesentlicher Teil meiner um diese nächtliche Stunde nahezu unmöglichen Mission 'Essen auf Rädern'. In diesem Sinne: Eine Runde Mafiatorte für alle. Die eine mit einer zarten Käsekruste, die zweite mit weichem Schinken und die letzte mit herzhafter Salami. Und nun sagen Sie mal hübsch Cheese, Don Charlos". Charles Wannabe saß die ganze Zeit nahezu regungslos auf seinem Stuhl. Nun aber schaute er ein wenig finster drein und erwiderte: "Für Sie immer noch Sir Wannabe, Tiny Tim!". Der Rollifahrer schüttelte angestrengt den Kopf hin und her: "Na dann, für Sie noch immer Mister Hackerman, Sir!". Und mitleidig zu dem neben ihm stehenden Lukas Svensson heraufschauend, ergänzte er: "Der hat sich also geändert, wie?! Sein Spaßfaktor liegt jedenfalls auch weiterhin weit unter Null, soweit ich das auf den ersten Blick beurteilen kann. Aber vielleicht kann er ja noch auf anderer Ebene bei mir punkten. Was also ist das Problem, meine Herren?!". Wannabe zeigte gelangweilt auf den Laptop mit dem schicken Design, der direkt vor seiner Nase noch immer völlig untätig auf dem Tisch herumstand. Bewunderndt ließ Tim Hackerman einen leichten Pfiff durch seine schmale Zahnlücke ertönen: "Wow, ein echter Colani Blue von dem deutschen Nobeldesigner Luigi Colani! Top Design! Läuft der schon unter Windows 7 oder unter Windows Vista?! Oder vielleicht ganz innovativ unter Linux?!". Wannabes Kopf wurde von seinem Besitzer dreimal sachte hin und her geschüttelt, worauf Timmy in seinem Rollstuhl seine Befragung bezüglich des Betriebssystems zögerlich fortsetzte: "Windows XP? Oder gar Windows 98?". Wieder vollführte Wannabes ehemaliges Beamtenhaupt dieselbe eintönige Schüttelbewegung. Tim Hackerman konnte es kaum fassen: "Noch nicht mal Windows 98? Sagen Sie bloß, auf dem Teil ist noch Windows 3.11 installiert?!". Wieder reagierte Wannabe zunächst nur mit einem leichten Kopfschütteln, dann jedoch murmelte er leise: "Die richtige Lösung liegt - wie so oft - sozusagen in der Mitte. In diesem Fall bei Windows 95". Timmy Hackerman aber lachte aus vollem Halse los: "Meine Güte! Windows 95. Dann doch lieber gleich DOS. Kaum zu glauben! Sie betreiben ein solches Luxusdesignernotebook mit einem der miserabelsten und instabilsten Betriebssysteme, das es meiner Meinung nach je gab. Und dann wundern Sie sich ernsthaft, wenn Ihr kleines elektronisches Schatzkästchen schlappmacht?! Ok, Sie haben Glück! Ich hab hinter der Rollstuhllehne meinen Computernotfallkoffer festgeschnallt, da sollte sich auch eine CD ROM mit der Betaversion des revolutionären Macrosoft DOORS 007 befinden, welches von mir bereits im Jahre 2007 mitentwickelt wurde und die bis heute veröffentlichten Windowsversionen allesamt in den Schatten zu stellen weiß". Und während sich Svensson und Wannabe über die von Tim Hackerman mitgebrachten Pizzen hermachten, werkelte der Svenssonschützling eifrig an dem blauen Designerlaptop herum. Nur eine knappe Viertelstunde später war vonseiten Svenssons und Wannabes auch der letzte Krümel Pizza verputzt. Nur der junge Timmy brauchte noch ein paar Minütchen länger, bis er schließlich freudestrahlend verkünden konnte: "So, das wars! Und nun Gläser raus, die Herren, es gibt etwas zu feiern! Dank meines 007 dürfen sie Beide ihre privat ermittelnden Goldfinger wieder kräftig in die Tasten hauen. Und das Hochfahren ihrer edlen Bluebox dauert nur knapp eine Zehntelsekunde - 0.07 Sekunden eben, um ganz genau zu sein. Nur einen Bruchteil von der Zeit also, die mich das Hochfahren in ihrem neu einbauten Lift gekostet hat", Und während er eine große Flasche Glühwein aus einer seitlich am Rollstuhl angebrachten Tragetasche hervorzog und sie an Svensson weiterreichte, ergänzte er: "Danke übrigens, Lukas, daß Du Dich so für den Einbau eines Fahrstuhls in das alterwürdige Gebäude hier eingesetzt hast. Du ahnst ja gar nicht, wieviele Orte mir mit meinem momentanen Handicap unzugänglich bleiben".

Traurigkeit kehrte dabei ein in das Gesicht des eben noch so überglücklich scheinenden Tim Hackerman. Eine deprimierende Traurigkeit, der Lukas durch das Hervorholen dreier Sektgläser aus der kleinen Kommode mit den beiden Glastüren zur Rechten des Schreibtischs zu begegnen suchte. Er stellte die Gläser zügig auf dem Schreibtisch ab, kramte aus seinem Mantel ein Schweizer Taschenmesser hervor und rückte mit dem daran befindlichen Flaschenöffner dem Kronkorken der mitgebrachten Glühweinflasche zu Leibe. Mit lautem Plopp gab der Metallverschluß seinen anfänglichen Widerstand gegen die bewaffnete ehemalige Staatsgewalt rasch auf, worauf Svensson den - zuvor aus Trauben erpreßten und anschließend mit Zucker und allerlei wohlriechenden Gewürzen seinem natürlichen Bouquet beraubten - Trunk gleichmäßig in die Sektkelche verteilte. Die drei Männer ergriffen je eines der Gläser, und Lukas und Tim prosteten sich zu. Charles Wannabe aber reckte sein Glas anfangs recht zögerlich in die Höhe und vermeldete dann in feierlichem Ton: "Das ist für uns alle, die wir uns zu so früher Stunde hier eingefunden haben, nunmehr ein ganz besonderer Moment. Und so erhebe ich mein Glas auf den besten und kompetentesten Partner, den ich mir vorstellen kann! ... Unseren neuen Laptop ... Ach ja, ok, und auf Sie natürlich auch, Svensson!". Daraufhin nahm er einen kleinen Schluck von jenem weihnachtlichen Getränk, dann schüttelte er sich demonstrativ und verzog dabei sein Gesicht. Sein Blick schweifte zu dem Etikett der - abseits auf der Kommode abgestellten - grünen Flasche, wozu er raunte: "Zimtgeschwängerter, süßer Billigrotwein aus einem Sektglas. Meine Güte, womit hab ich das nur verdient?! Vor wenigen Wochen noch hab ich noch mit den oberen Zehntausend diniert, und heute nacht befinde ich mich quasi allein unter Bauern. Was für ein bitterer gesellschaftlicher Abstieg. Na dann mal Prost!". Mit zusammengekniffenen Augen leerte er sein Glas in einem einzigen Schluck, stellte es zur Seite und widmete sich stattdessen seinem blauen Edellaptop, welcher dank dem rasanten neuen Betriebssystem gerade zur Höchstform auflief. Wannabe griff zur Maus, jagte sie über den zugehörigen Mousepad und klickte mal hier mal da auf eine ihrer beiden Tasten. Je öfter er das tat, desto stärker zogen ein paar Fältchen auf seiner sonst so makellos gestrafften Stirnhaut ein. Die tolle stylische Benutzeroberfläche des entspiegelten Bildschirms schien den Ex-Yard-Chef sichtlich zu überfordern, und so sah er sich - um dies vor Lukas und Tim nicht eingestehen zu müssen - genötigt, jemanden anzurufen, der sich womöglich besser mit so etwas auskannte als er. Er griff erneut zu seinem schmucken Smartphone, tippte ein paar Ziffern an und begab sich dabei langsam schreitend in Richtung Bürotür. Dort angekommen warf er noch einen flüchtigen Blick zurück und sprach: "Ich klingele nur rasch unsere Sekretärin aus dem Bett. Schließlich bin ich ja in ein paar Stunden schon in der Kirche, und Sie, mein bester Svensson, haben ja keinen Schimmer von unserem Rechner und all seinen diversen Funktionen. Sie entschuldigen mich, aber draußen im Flur ist der Empfang einfach besser". Sprachs und öffnete mit dem Telefon am Ohr die Bürotür, nur um sie eine Sekunde später wieder hinter sich zuzuziehen.

Verdutzt schaute Tim Hackerman in seinem Rollstuhl zu seinem väterlichen Freund Lukas Svensson hinüber: "Was ist denn mit dem los? Der ist ja noch kauziger als sonst!". Lukas aber zwinkerte seinem Schützling zu und flüsterte: "Ich glaub, der alte Griesgram hat schon heimlich ein Auge auf unsere zukünftige Schreibkraft geworfen. Mir ist nämlich aufgefallen, daß immer, wenn ich nach dem Vorstellungsgespräch, welches er im Vorfeld mit ihr führte, ihren Namen erwähnte, seine Augen so merkwürdig zu glitzern begannen". Timmy war neugierig: "Alter Schwede! Du meinst also, da geht noch was bei den Beiden - quasi in einer Neuauflage von 'Die Schöne und das Biest'?!". Svensson erhob leicht drohend den Finger, und sprach - ein Schmunzeln nicht unterdrücken könnend: "Also erstmal bin ich kein Schwede, auch wenn mein Name so klingen mag. Und zum andern verbiete ich mir, daß Du den ollen Miesepeter Wannabe als Biest bezeichnest. Gerade jetzt, wo er und ich uns theoretisch ein wenig näher kommen und damit auf dem besten Wege sind, Freunde fürs Leben zu werden. Was allerdings die Sache mit unserer Sekretärin angeht, da könntest Du recht haben - da geht vielleicht wirklich noch was. Apropos, wie stehen die Dinge eigentlich mit Dir und Deiner kleinen Freundin Sabrina Meltstone. Seit Deiner mißglückten Bein-OP hast Du mir gar nichts mehr erzählt von ihr. Und dabei wart ihr doch vor dem Eingriff schon ein Herz und eine Seele". Timmys Blick trübte sich. Mürrisch und aufbrausend erwiderte er: "Wie die Sache steht?! Ha, sie STEHT gar nicht. Weder auf zwei festen Beinen, noch auf einem wackligen. Sie ROLLT zurück und überholt sich selbst. Es gibt keine Besuche mehr von ihr und keine schmachtenden Blicke zwischen uns. Es ist aus! Aus, verstehst Du! Aus und vorbei, so wie meine Hoffnung auf ein selbstbestimmtes, normales Leben ohne diesen Drecksstuhl, der mich in allem lähmt, was das Leben schön macht. Nein, Lukas, wir sehen uns nicht mehr! Und das ist auch gut so. Sabrina ist noch zu jung, als daß sie sich mit einem Krüppel wie mir belasten sollte". Lukas war sichtlich erschrocken: "Hat sie Dir das so gesagt?". Tim Hackerman drehte seinen Kopf zur Seite: "Nein, das hat sie nicht gesagt! Aber gedacht hat sie es bestimmt. Jeder normale Mensch denkt so und will sich nicht mit so einem wie mir belasten". Svensson ging leicht in die Knie, um mit Timmy auf Augenhöhe zu gelangen. Dabei ergriff er die Schulter des Jünglings und sagte: "Aber Du warst Dir eurer doch so sicher! Du hast mir doch anvertraut, sie sei Deine große Liebe und Du auch die ihre, wie sie Dir dutzendfach versichert habe?!". Timmy drehte seinen Kopf schlagartig zurück, und Lukas starrte mit einem Male in ein wutentbranntes Paar Augen und auf einen weit aufgerissenen Mund, der ihn förmlich anschrie: "Das war vor der OP! Was soll ich jetzt schon noch mit dieser achso tollen Erkenntnis anfangen?! Soll ich mir etwa vor Freude auf die Schenkel klopfen?! Klar, warum nicht?!". Damit formten sich seine Hände schlagartig zu Fäusten, die unaufhörlich auf die regungslosen Oberschenkel einzutrommeln begannen. Tränen rannen dabei über Tim Hackermans Gesicht - aber das war kein Ausdruck des Schmerzes, sondern ein Ausdruck verbitterter, ohnmächtiger Verzweiflung. Verzweiflung über ein schreckliches Schicksal, daß ihn von nun an ohne jede Aussicht auf Heilung an den Rollstuhl fesselte. Und lauthals schluchzend brüllte es aus ihm heraus: "Sieh doch! Nichts! Tot bin ich, unten zur Hälfte komplett abgestorben. Ich fühle nichts, so sehr ich mir auch selbst wehtue! So sehr ich mich auch selbst zu verletzen versuche, ich spüre hier unten in beiden Beinen nichts mehr! Einfach gar nichts!". Lukas Hände packten entschlossen Timmys Fäuste, unter deren harten Hieben die Oberschenkel wohl schon ganz grün und blau geschlagen sein mußten. Er wartete ab, bis der wütende, selbstzerstörerische Kampf im Innern seines Schützlings langsam zum Erliegen kam. Dann richtete Lukas seinen ausgestreckten, zitternden Zeigefinger langsam auf Timmys linke Brust und raunte: "Und da! Unter Deiner Brust, in Deinem Herzen, da pocht das junge Leben so ungestüm und wild - so lebendig. Hör mal genau in Dich hinein, wie stark und fest es schlägt! Ich beneide Dich um so ein kräftiges, junges Herz. Hör auf Dein Herz, bevor Du Deiner großen Liebe endgültig Lebwohl sagst! Eines Tages wirst Du es bereun - dann, wenn Du mit einer einsamen, welkenden Rose in der Hand und einem Tränenschleier vor Augen an ihrem kühlen Grab stehst. Aber dann ist es zu spät! Also denk nach, was Du ihr damit antust - und vor allem, was Du Dir selbst damit antust". Timmy ließ seinen Kopf kraftlos auf seine Brust sinken. Sein Ohr aber vernahm darunter jenes leise Pochen seines Herzens, von dem Lukas gerade gesprochen hatte. Sein alter, weiser Freund hatte recht - da war noch jede Menge Leben in ihm. Ein Leben, das gemeistert werden wollte, mit all den Hindernissen und Barrieren, die sich ihm und seinem fahrbaren Untersatz in Zukunft so zahlreich in den Weg stellen würden. Allein und aus eigener Kraft würde er all die Herausforderungen sicher nicht bewältigen können. Aber vielleicht ja mit ein wenig Hilfe seiner Freunde und - wer weiß - womöglich auch mit der richtigen Frau an seiner Seite.

Die Bürotür wurde aufgestoßen, und Charles Wannabe kam freudig erregt in den Raum zurück: "Sie kommt gleich! Sie hat gesagt, daß sie kommt!". Sein leicht federnder Gang endete abrupt und ging nach einer Sekunde nahtlos in das übliche leicht verkrampfte Stolzieren seines nobelgekleideten Körpers über. Meine Güte, wie hatte er sich allein aufgrund des einsamen Gedankens an das bevorstehende Eintreffen einer einfachen Bürokraft nur so gehen lassen können?! Ein einzelner Schweißtropfen bildete sich kurzzeitig auf seiner Stirn, verschwand aber ebenso rasch wieder, nachdem Wannabe aus dem Augenwinkel heraus bemerkte, daß die beiden anderen anwesenden Männer im Moment offenbar viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt waren, um seinen unkontrollierten Auftritt bemerkt zu haben. Stattdessen registrierte Charles nunmehr bei genauerem Hinsehen das verweinte Gesicht Tim Hackermans und das bedrückte Antlitz des neben ihm hockenden Svensson. Die Unsicherheit in Wannabe wich wieder der seinem Wesen eigenen, leichten Überheblichkeit, mit welcher er nachfragte: "Hab ich hier was verpaßt?! Was hat Euch beiden, Trübsal blasenden Trauergestalten denn so plötzlich die Petersilie verhagelt?! Ist unserm kleinen Computergenie etwa ein USB-Stick zerbrochen?! Oder hat der große, alte Svensson sich an der Auftaupizza den empfindlichen Magen verdorben?!". Statt auch nur eine Sekunde eine mögliche Antwort abzuwarten, erklärte er mit einer einfachen abschätzigen Handbewegung: "Ach, ist ja auch egal, ich schnappe jetzt erstmal ein wenig Frischluft". Damit bewegte er sich mit der gewohnten Anmut eines männlichen Topmodels zum Fenster und zog dort im festen Zugriff beider Hände die Lamellen der Jalousie auseinander. Draußen hatte es inzwischen heftig zu regnen begonnen. Der Saxophonist auf der Straße war in den gegenüberliegenden Hauseingang geflüchtet und hatte dort sein blechernes Instrument zur Seite gestellt. Stattdessen war nun sein mitgeführter Ghettoblaster halb aufgedreht, wodurch wildhämmernd - einem leichten Erdbeben gleich - die dumpfen Bässe einer Technoversion von "When The Rain Begins To Fall" zu venehmen waren. Wannabe schien ganz berauscht von den - ebenso deutlich hörbar im fast gleichen Rhythmus auf Dächer und Fensterscheiben - herabprasselnden Regentropfen. Er zog ihretwegen jetzt die Jalousie sogar komplett nach oben und riß mit einem gekonnten Griff das Fenster sperrangelweit auf. Dann krallte er sich mit beiden Händen fest in dessen hölzernen Rahmen und lehnte sich weit aus dem Fenster hinaus. Direkt vor seinen Augen durchzuckte ein Blitz den dunklen Nachthimmel, dem eine Sekunde später ein heftiges Donnern folgte. Und während der Ex-Yard-Chef die frische Regenluft durch seine, hoch zum Himmel emporgereckte Nase tief in sich einsog, tuschelte in seinem Rücken die wohlvertraute Stimme Svenssons: "Tja, Timmy, so kennen wir ihn, unseren Möchtegern-Charlie! Stets ein wenig hochnäsig bei donnerndem Applaus im Blitzlichtgewitter badend". Tim Hackerman, der gerade noch dabei war, seine Tränen mit einem Papiertaschentuch zu trocknen, mußte nun unweigerlich schmunzeln. Charles Wannabe aber überhörte den kleinen Seitenhieb seines alten Kollegen - der sich gerade anschickte, sein neuer Partner zu werden - wohlwollend. Stattdessen hielt er auf der Straße Ausschau nach einem ganz bestimmten Wagen, der jede Sekunde um die Ecke gefahren kommen konnte. So wartete er letztlich noch geschlagene 36 Minuten, bis er endlich da war - jener ersehnte Moment und mit ihm jener weinrote Ford, welcher nun in rasantem Tempo näherkam und schließlich direkt vorm Haus hielt. Unter einem großen, rasch aufgespannten Regenschirm entstieg dem Auto auf hochhackigen Pumps eine schlanke Frauengestalt und tippelte im Eiltempo zum Hauseingang, indem sie sogleich verschwand. Augenblicke später setzte sich im Gebäudeinneren geräuschvoll der Fahrstuhl in Bewegung und stoppte schließlich im Obergeschoß. Auf dem Flur war das Klackern von Pennyabsätzen zu vernehmen, dann herrschte erwartungsvolle Stille ...

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