INSPEKTOR SVENSSON: WANNABE SVENSSON [Der neue Adventskalenderroman]

Die folgenden Ereignisse finden zwischen 22 und 23 Uhr am Vortag zum Heiligen Abend des Jahres 2009 nach Christi Geburt statt. Alles, was Sie lesen, ereignet sich in Koordinierter Weltzeit UTC.

23.12.2009 - 22:00 UHR

[Lukas agiert im Hintergrund, Wannabe wird zum leidgeprüften Rettungsassistenten]

Der heiße Flitzer Claudia Palmers jagte in schnellem Tempo über die - von Eis und Schnee notdürftig beräumten - Straßen Londons, vorbei an bunt geschmückten Schaufenstern und vorweihnachtlich hell erleuchteten Wohnhäusern. Der kleine Mischlingshund Vierbein staunte nicht schlecht über all den Glanz, der da an ihm in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit vorbeirauschte und drückte sich schwanzwedeln die kleine neugierige Hundeschnauze an einer der hinteren Autoscheiben platt. Charles Wannabe und Lukas Svensson hingegen hatten im Moment keine Augen für solch traumhaft schöne Aussichten. Sie tauschten sich - während Wannabe eisern die Straße vor sich im Blick behielt - im wortreichen Dialog über ihre gewonnenen Erkenntnisse aus. Nachdem Lukas seinem Partner zu dessen Erstaunen mitgeteilt hatte, daß es sich bei dem kleinen Mädchen Lilly um Hudson Butlers Tochter handelte, war nun Charles an der Reihe zu berichten, wie er beim Kombinieren zweier zufällig ganz nebenbei erhaltener Informationen einfach nur noch Eins und Eins zusammenzählen brauchte, um so auf die Adresse von Lou Cyphers Versteck zu kommen. Anerkennend nickte Svensson neben ihm: "Alle Achtung, mein Lieber! Aber so ist es eben oft: Da legt man ein paar lose Puzzleteile ineinander und bekommt mit einem Male ein vollständig neues Bild. Das hab ich heute übrigens auch von Ihnen bekommen, und das nicht nur, weil Sie jetzt hier in einem Weihnachtsmannkostüm neben mir hocken. Nein, ich bin vielmehr geradezu fasziniert von Ihrer selbstlosen Einsatzbereitschaft für Henry Fist und die mit ihm unter der Brücke lebenden obdachlosen Menschen". Etwas verlegen lächelnd erwiderte Charles Wannabe: "Ach, lassen Sie das doch, ich werd ja noch ganz rot!". Lukas aber musterte den neben ihm Sitzenden schmunzelnd von oben bis unten und fragte: "Wie, noch mehr rot, als sie es jetzt schon sind?!". Die beiden Männer grinsten sich daraufhin gegenseitig an, und schließlich meinte Wannabe: "Verzeihen Sie, wenn ich momentan kaum einen Gedanken an meinen merkwürdigen Aufzug und an Ihr Kostüm verschwende, aber ich bin jetzt eben in erster Linie nicht in Ihren Sachen, sondern in Sachen Henry unterwegs!". Und vor sich an der Ampelkreuzung auf das Straßenschild schauend, ergänzte er, das Lenkrad sogleich scharf nach links einschlagend: "Nur noch ein paar Meter, dann sind wir endlich da!".

Henry Fist erwachte in seinem schmutzigen Kellerverlies derweil kurzzeitig, wobei er sich in einer Art Dämmerzustand befand. Verschwommen nahm er in einiger Entfernung vor seinen Augen wahr, wie Lou Cypher von seinem Sitzplatz am Campingtisch aufstand und das darauf befindliche Netbook zuklappte. Der Hinkefuß drehte sich nach ihm um, wobei Fist instinktiv die leicht geöffneten Augenschlitze zumachte und dabei vortäuschte, tief und fest zu schlafen. Es dauerte einige Sekunden, bis sich der Gepeinigte schließlich wieder vorsichtig zu blinzeln getraute. Cypher stand nun wieder mit dem Rücken zu ihm und zischte dabei vor sich hin: "Das wäre also geschafft! PreMount und DCALive sind mit allen nötigen Informationen versorgt. Der Termin für die nuklearen Erstschläge steht fest, und der 'Final Countdown' ist damit in Gang gebracht. Und niemand vermag, mich jetzt noch zu stoppen! Noch bevor die Bullen überhaupt nur den Hauch einer Chance haben, mein Versteck finden, bin ich schon längst wieder wie vom Erdboden verschluckt und habe den ganzen Kasten hier und mit ihm auch gleich noch alle Beweise und den einzigen Augenzeugen plattgemacht". Zur Seite abtretend entzog sich daraufhin Cyphers Gestalt dem verschleierten Blick Henry Fists, der stattdessen nun an nahezu selber Stelle auf dem Kellerboden eine entzündete Kerze stehen sah, die langsam niederbrannte. Um sie herum aber glänzte der ganze Fußboden seltsam feucht, wobei jene merkwürdige Nässe sich bis direkt zu der Matratze, auf der er lag, auszubreiten schien. Henry Fist aber stieg zu seinem Entsetzen zugleich der beißende Geruch von Treibstoff in die Nase. Cypher, dieses Monster, mußte wohl in der Zwischenzeit - während er schlief - erst die Kerze aufgestellt und dann den ganzen Kellerboden mit Benzin übergossen haben, worauf er nun die herunterbrennende Kerze quasi als Zeitzünder benutzte. Vor Fists Augen brannte jenes unscheinbare Wachslicht inzwischen zielstrebig seinem Ende entgegen - jenem Ende, das dann unweigerlich auch sein eigenes Ende besiegeln würde. Ein qualvolles Ende, bei dem er entweder verbrennen oder aber ersticken würde. In panischer Todesangst spannte Henry Fist sämtliche Muskeln seines Körpers noch einmal verzweifelt an. Doch es half alles nichts, er konnte sich einfach nicht bewegen. So ließ er, im Angesicht des unausweichlichen Todes, sein Haupt und mit ihm auch noch seinen letzten verbliebenen Funken Hoffnung sinken und ergab sich - die Augen nun wohl endgültig für immer schließend - seinem Schicksal.

Dabei schien draußen vor der Tür die Rettung doch schon so nahe. Der Konvoi der CI7 Einsatzfahrzeuge war schließlich in diesem Moment gerade an seinem Ziel angelegt. Er hielt etwa 500 Meter vor der Einfahrt zum Hinterhof des sechsstöckigen Hauses in der Jump Street Nummer 21 in einer schmalen Seitengasse, wo sich die einzelnen Teams nun zu einer letzten Einsatzbesprechung auf einem ringsum von Hecken geschützten Parkplatz versammelten. Hier traf nun im Schrittempo auch der Wagen mit Wannabe und Svensson ein, wobei der aussteigende Charles Wannabe in seinem Kostüm sogleich die prüfenden Blicke aller Einsatzkräfte auf sich zog. CI7 Chef Jack aber lief derweil bereits freudestrahlend auf Lukas zu und schloß ihn fest in seine Arme. Eine Geste, die Svensson in gleicher Herzlichkeit erwiderte. Dann reichte der Mann aus L.A. auch Wannabe die Hand und sprach: "Nun, Santa, Sie müssen dann wohl jener Charles Wannabe sein, mit dem ich vorhin telefoniert und von dem ich schon so viel gehört habe". Und mit einem Blick auf Wannabes Aufzug ergänzte er, an seine Teams gewandt: "Wenn wir hier heute abend auch sicher nichts geschenkt bekommen werden, dann wollen wir doch zumindest mal alle diesen Cypher gemeinsam schön einpacken und in den Sack stecken, was Jungs?!". Die Daumen der versammelten Männer und Frauen gingen augenblicklich nach oben. Charles Wannabe aber rief feierlich: "Ho, Ho, Ho! Sorgen wir dafür, daß jeder hier heute abend bekommt, was er verdient hat!". Vom Wagen der Einsatzzentrale her kam der, inzwischen ebenfalls ganz in olivgrün gekleidete John Wayne Powerich auf sie zu und vermeldete: "Nun Sirs, das ist dann wohl mein Stichwort. Ich wurde nämlich gebeten, Ihnen das hier zu geben!". Damit überreichte er Lukas und Charles je ein komplettes Set Einsatzkleidung und zusätzlich einen schwarzen Gürtel inklusive daran befestigtem Funkgerät, wie auch er es bereits umgeschallt trug. Wannabe und Svensson schauten sich fragend an, dann wanderten ihre Blicke zu Jack, der augenzwinkernd sprach: "Ich habe mich vor unserem Aufbruch hierher in einer Einsatzbesprechung gemeinsam mit meinen Leuten dafür entschieden, daß ihr Drei meine Teams verstärken werdet. Mister Powerich, Sie begleiten mich und den Rest von Team B, Mister Wannabe kommt zu Team A. Und Lukas unterstützt Team C bei der Absicherung nach hinten! Einverstanden?!". Begeistert und ein auch wenig stolz über das Vertrauen, daß man mit diesem symbolischen Akt in sie setzte, nickten alle Drei und begaben sich dann zu ihren jeweiligen Teams. Jack aber baute sich vor der versammelten Mannschaft auf und verkündete: "Wir haben es heute abend, nach allem, was uns bekannt ist, vermutlich mit einem als extrem gefährlich und zum Äußersten entschlossen einzuschätzenden Gegner zu tun. Oberstes Ziel ist die Rettung der Geisel, erst dann kommt die Festnahme von Lou Cypher. Alles, was wir dabei an möglichen Quellen für Hinweise auf einen geplanten Anschlag vorfinden, wird sichergestellt und umgehend zur Auswertung an die Einsatzzentrale, welche von dem externen Datenanalyse-Experten Tim Hackerman verstärkt wird, weitergereicht. Was Lou Cypher angeht, so ist dieser unter allen Umständen lebend zu ergreifen und anschließend unter strengster Bewachung unverzüglich zur eingehenden Vernehmung in unser Hauptquartier zu bringen. Schließlich ist er für uns momentan die einzige greifbare Quelle, was die bestehende atomare Bedrohung angeht. Nur im äußersten Notfall darf von der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden, und auch dann ist der Gegner durch einen gezielten Schuß lediglich kampfunfähig zu machen. So, ich denke, damit wäre alles gesagt! Also dann: Viel Erfolg und auf los geht's los! Los!".

Die Männer und Frauen der einzelnen Teams zogen sich ihre Skimützen tief ins Gesicht, so daß von ihnen allein noch die Augen durch die eingearbeiteten Sehschlitze erkennbar waren. Im Schutze der Dunkelheit liefen sie alle geduckt an Mauern und Häuserwänden entlang bis zu ihrem Einsatzziel und gingen vor dem Gebäude teamweise hinter mehreren Gebüschen in Deckung. Jack holte aus seiner mitgeführten Umhängetasche ein Nachtsichtglas hervor, drückte ein Auge zu und nahm dann durch das andere mit fachmännisch geschultem Blick in Sekundenschnelle die gesamte Umgebung wie auch das Gebaudedach genaustens in Augenschein. Powerich, der dabei unmittelbar hinter ihm stand und ihm über die Schulter schaute, aber flüsterte: "Alles ruhig! Ob wir uns am Ende doch in der Adresse getäuscht haben?!", Jack schüttelte den Kopf: "Oh nein! Das ist ganz sicher nur die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. Glauben Sie mir, ich hab einen Riecher für sowas! Hier sind wir goldrichtig. Schauen Sie sich doch mal das ganze Gebäude von oben bis unten an und im Vergleich dazu all die Häuser links und rechts davon!". John Waynes Blick wanderte zwischen den recht weit auseinanderstehenden Hochhäusern hin und her, dann raunte er: "Ah, ich verstehe, was Sie meinen! Rechts und links brennt überall vereinzelt Licht in den Fenstern, und selbst die dunklen Fenster sind größtenteils zumindest mit weihnachtlichem Schmuck versehen. Nur im Zielgebäude gibt es in allen sechs Stockwerken kein einziges Licht!". Jack nickte, dann gab er seine Beobachtung an die Zentrale weiter, von der nun der Einsatzbefehl an Team A und damit auch an Wannabe erging. Angeführt von Agent Smith und Charles bewegte sich das Team, dessen beide andere Mitglieder zusätzlich einen Rammbock bei sich trugen, zu zweit in kurzen Sprüngen über den Hof, wobei sie zwischenzeitlich immer wieder hinter den - dort überall verstreut liegenden - leicht schneebedeckten Schutthaufen in Deckung gingen und die Gegend beobachteten. So dauerte es etwa fünf Minuten, bis sie schließlich am Hauseingang anlangten. Dorthin folgten ihnen innerhalb der nächsten zehn Minuten auch Team B und C auf die gleiche Weise. Gemeinsam beschloß man, im Keller mit der Stürmung des Hauses zu beginnen. Und so begab sich Team A schließlich durch den Hauseingang ins Innere, wo sie nun - unter Einsatz mitgeführter Taschenlampen - langsam auf leisen Sohlen die Kellertreppe herabstiegen. Team B machte derweil dicht an die Hauswand gepreßt eine Runde ums Haus, während Team C vom Hauseingang aus den Hof im Auge behielt. Dabei bemerkte Teamchef Neo auf einmal ein leises Knacken, das von drinnen aus einer der oberen Etagen zu kommen schien. Lukas setzte per Funk in seinem Auftrag umgehend die Einsatzzentrale darüber in Kenntnis, die ihrerseits nun den Männern um Neo grünes Licht zum Nachsehen gab, worauf diese dann - sich gegenseitig Deckung gebend - Schritt für Schritt die Treppen zum ersten Stock erklommen.

Team A stand derweil vor der verschlossenen Kellertür, an die einer der Agents das Richtmikrofon eines mit Kopfhörern ausgestatteten hochsensiblen Abhörgerätes hielt. Über die aufgesetzten Kopfhörer lauschte er einige Minuten, während seine Teamkollegin eine Wärmebildkamera rechts und links der Tür über die ganze Breite entlang der Kellerwand hin und her bewegte und dabei deren Monitor fest im Auge behielt. Flüsternd besprach man sich daraufhin zunächst teamintern, und schließlich meldete Charles Wannabe im Auftrag von Teamleiter Smith der Zentrale: "Apollo 11 hier! Im Kellerinnern ist nichts zu hören, außer einem leisen Stöhnen, das anscheinend von einer linksseitig der Tür im Kellerinnern in Bodennähe befindlichen Person herzurühren scheint. Neben einem offensichtlichen Heizkörper oder Ofen inmitten des Kellers sind keine weiteren größeren Wärmequellen auszumachen, somit auch keine zweite Person. Ich denke, wir sollten stürmen! Over!". Er ließ die Sprechtaste los, und vernahm leise rauschend die Stimme von Einsatzleiter Youstan: "Was ist denn ... Eurem Empfang?! ... Hört sich ... als wenn ... auf dem Mond wärt ... pollo 11?! ...". Dann brach die Verbindung gänzlich ab, und es war nur noch ein permanentes leises Rauschen zu vernehmen. Wannabe zuckte mit den Schultern, Agent Smith aber fluchte: "So ein Mist! Dieser blöde Keller mit seinen alten, dicken Außenwänden stört unseren Funkempfang. Egal, die Sache duldet keinen Aufschub mehr. Auch wenn es von draußen kein klares Go gibt, nach Lage der Dinge spricht dennoch alles für einen raschen Zugriff! Also los! Go!". Wannabe ging einen Schritt beiseite, und an seiner Stelle traten die beiden Teammitglieder mit dem Rammbock vor, mit dem sie durch zwei gezielte Vorstöße die Tür aus den Angeln schlugen, so daß sie - vor ihnen ins Kellerinnere krachend - den Weg freigab. Smith und seine beiden Agents, die den Rammbock am Eingang fallengelassen und stattdessen sogleich ihre Waffen in Anschlag gebracht hatten, aber stürmten daraufhin die düsteren Räumlichkeiten, wobei Smith mit vorgehaltener Maschinenpistole stur geradeaus marschierte, während vor ihm die beidem anderen mit Ausfallschritten nach links und rechts die Nebenräume sicherten. Wannabe aber hielt sich im Hintergrund und wartete stets, bis vor ihm klar und deutlich aus allen Richtungen ein "Sauber!" zu hören war. Dabei umspielte mit einem Male etwas weiches seine vorwärtsdrängenden Beine. Er schaute nach unten und erblickte zu seinem Erstaunen seinen vierbeinigen Freund, der mit großen Augen zu ihm hochsah. Charles Wannabe lächelte und sprach: "Na, Du alter Streuner, hast es ohne Dein neues Herrchen wohl nicht ausgehalten, da draußen bei Onkel Youstan und Rolling Tim, wie?!". Vorsichtig beugte er sich zu dem Hund herunter, der sofort voller Freude begann, ihm das Gesicht abzulecken. Charles kniff die Augen ein wenig zu und fuhr dem anhänglichen Vierbein sanft übers Fell, wozu er mit einem Strahlen in den Augen zugab: "Ja, ich hab Dich ja auch vermißt, mein Junge! Und nun komm, wir müssen hier noch einen Verbrecher jagen und einen Freund retten! Und immer schön in Deckung bleiben, nicht daß Dir hier unten noch etwas zustößt, hörst Du?!".

Team C hatte derweil alle sechs Stockwerke nahezu komplett abgesucht, als Agent Neo in einer der dortigen leeren Wohnungen ein ganzes Rudel Ratten bemerkte, welches offensichtlich auf Nahrungssuche war und dabei dann auch das von ihm bemerkte Knacken hervorgerufen haben mußte. Erleichtert verkündete er seinen Mitstreitern, die ihm aus dem Hintergrund mit gezückter Waffe Deckung gaben: "Entwarnung, hier ist nichts! Nur ein paar Ratten!". Der hinzugetretene Lukas Svensson aber, der den Lichtkegel seiner mitgeführten Taschenlampe in diesem Moment eher unabsichtlich an die Zimmerdecke gerichtet hielt, erwiderte sichtlich entsetzt: "Nicht nur Ratten!". Dabei wies der Zeigefinger seiner freien Hand in Richtung Decke, wo sich im Taschenlampenlicht ein weitverzweigtes, in sich verschlungenes Netz von Drähten abzeichnete, in deren Schnittstellen überall große Klumpen einer knetartigen Masse angebracht waren. Agent Neo aber griff sofort zum Funkgerät an Lukas' Gürtel, drückte die Sprechtaste und wisperte sichtlich aufgeregt: "Apollo 13 an Zentrale! Youstan, wir haben ein Problem! Hier oben im sechsten Stock ist die komplette Decke mit Plastiksprengstoff gespickt. Keine Ahnung, wo sich der zugehörige Zünder befindet. Aber wenn das hochgeht, dann bricht das gesamte Gebäude binnen Sekunden wie ein Kartenhaus komplett in sich zusammen. Sie müssen umgehend das A-Team zurückpfeifen, hören Sie!". Agent Neo ließ die Sprechtaste los, worauf eine Sekunde lang völlige Stille herrschte. Dann aber war aus dem Funkgerät die aufgewühlte Stimme Youstans zu vernehmen: "An alle Teams! Explosionsgefahr! Sofort das Gebäude räumen! Ich wiederhole: Alle sofort raus aus dem Gebäude!". Team C meldete sich mit einem klaren und deutlichen "Verstanden!" und kam dann unverzüglich der Aufforderung nach. Von Team A aber gab es keine Rückmeldung. Es steckte immernoch im Kellerfunkloch und hatte den Aufruf daher gar nicht erst empfangen. So sah sich Youstan Texas schließlich gezwungen, an Team B den Befehl zur Rettung von Team A zu erteilen. Jack ließ sich von Powerich das Funkgerät geben, drückte die Sprechtaste und meldete: "Alles klar, ich geh jetzt rein! Der Rest meines Teams bleibt draußen! Es reicht, wenn sich einer vom Team in Lebensgefahr begibt, und das sollte dann meines Erachtens nach in jedem Fall der Captain sein!". Damit hängte er sich das Funkgerät um den Hals, entsicherte seine Waffe und ließ sich die Taschenlampe mitgeben, worauf er zu John Wayne Powerich sprach: "Hören Sie, wenn mir etwas zustößt, dann informieren Sie bitte meine Tochter Kim und sagen ihr, daß ich sie liebe! Würden Sie das für mich tun?". Powerich nickte, erwiderte aber zugleich: "Ich denke, das tun Sie besser selbst, Sir! Viel Glück, Jack!". Die beiden Männer tauschten einen letzten festen Händedruck aus, dann begab sich Jack schnellen Fußes in den Keller.

Im Inneren jenes Kellers war das funktechnisch von der Außenwelt abgeschnittene Team A inzwischen im hintersten Raum angelangt. Agent Smith hatte die dort vorgefundene Flamme der nahezu komplett bis auf den Boden heruntergebrannten Kerze dank des raschen Zugriffs von zwei angefeuchteten Agentenfingern gelöscht. Im angrenzenden Raum war im selben Augenblick von einem der beiden anderen Agents auch Henry Fist entdeckt worden, der - zwar deutlich benommen und zu keinerlei Bewegung imstande, aber immerhin noch am Leben - auf seiner dreckigen Matratze lag. Mithilfe von Agent Smith wurde Fists völlig ermatteter Körper daraufhin dem sich niederknienden Charles Wannabe auf den Rücken gelegt. Henrys Arme aber schlang man dabei um Wannabes Hals. Anschließend richtete sich Charles vorsichtig wieder auf und ergriff dabei die Hände des geschundenen, nackten Mannes, um ihn anschließend auf direktem Wege durch den Keller über die Treppe ins Freie zu bringen. An der Kellertür lief er dabei fast noch Jack über den Haufen, der sowohl Wannabe als auch die ihm nachfolgenden beiden Agents auf ihrem Weg nach draußen zu deren Verwunderung deutlich zur Eile antrieb. Jack selbst hingegen rannte weiter ins Kellerinnere, wo Agent Smith bei seinem Eintreffen im hintersten Raum gerade dabei war, die dortigen Räumlichkeiten genauer zu untersuchen, als er nun auch unter dem bisherigen Matratzenlager Henry Fists in eine Art selbstgebastelten Holzrahmen mit Glasabdeckung eingelegt ein riesiges Drähtemeer mit überall darin verankertem Sprengstoff entdeckte. Inmitten der ganzen hochexplosiven Konstruktion aber hing ein umgebautes Handy, auf dessen Display eine Art digitaler Countdown lief, der in diesem Moment gerade 00:00:24 anzeigte. Ohne zu zögern, packte Jack den wie angewurzelt dastehenden Agent und schubste ihn in Richtung Ausgang, während er selbst sich geistesgegenwärtig noch rasch das Netbook vom Campingtisch unter den Arm klemmte und dann damit ebenfalls auf die Ausgangstür zustürmte. In mehreren Sätzen nahm er die Stufen der Kellertreppe und hechtete dann mit einem kühnen Sprung ins Freie. Hier lief er - in Gedanken den Countdown des Sprengsatzes im Keller weiter herunterzählend - noch etwa 50 Meter, bevor er sich mit dem Netbook vorm Bauch auf den Boden warf und die hervorgezogenen Arme anschließend über dem Kopf verschränkte. Wannabe stand derweil in sicherem Abstand vom Haus in einer Ecke des Hofes, wo er gemeinsam mit dem hinzugeeilten Svensson Henry Fist auf einer ausgebreiteten Decke abgelegt hatte. Lukas Svensson entledigte sich gerade seines Einsatzanoraks, um damit den entblößten und bibbernden Leib Fists notdürftig zuzudecken, während Charles an seiner Seite entgeistert auf den am Boden liegenden Jack starrte. Fragend blickte er den in seiner Nähe am Boden hockenden Agent Smith an, der daraufhin - noch völlig außer Atem - erklärte: "Da unten ... eine Bombe ... im Keller ... Jack und ich ... wir hatten ... nur noch 24 ... Sekunden!". Und Svensson ergänzte in seinem Rücken: "Und ganz oben unterm Dach ist auch alles voller Plastiksprengstoff! Aber zum Glück ist das ganze Gebäude ja komplett geräumt und damit nun völlig menschenleer. Jetzt sind da nur noch ein paar Ratten drin und ähnliches Getier". Wannabe nickte erleichtert und wischte sich dabei den Schweiß von der Stirn. Dann aber erstarrte er plötzlich und wurde mit einem Male leichenblaß. Erschrocken begann er, sich mehrfach um die eigene Achse zu drehen und hielt dabei verunsichert Ausschau ... Ausschau nach Vierbein. Er begann, den Namen seines Gefährten zu rufen - erst noch recht leise und voller Hoffnung, dann lauter und immer verzweifelter: "Vierbein! Vierbein! Vieeerbeeiin!". Doch nirgends im Hof war der Hund zu sehen. 'Oh, mein Gott!', schoß es Wannabe durch den Kopf, 'dann muß er noch da drin sein!'. In völliger Außerachtlassung des Risikos für sein eigenes Leben schickte sich Charles dabei bereits an, wieder auf den Hauseingang zuzustürmen, als ihn Lukas Svensson - seinem Partner jenen geplanten Akt der Verzweiflung ansehend - in letzter Sekunde am Kragen seines olivgrünen Anoraks packen und festhalten konnte. Und während Charles Wannabe in diesem Augenblick am anderen, komplett im Dunkeln liegenden Ende des Hofes noch ein merkwürdiges, intervallmäßig immer wieder an- und wieder abschwellendes, leises Pfeifgeräusch zu vernehmen glaubte, gab es vor seinen entsetzten Augen bereits eine Sekunde später fast zeitgleich zwei gewaltige Detonationen, die unter Erzeugung eines ohrenbetäubenden Lärms den Boden unter ihm spürbar erzittern ließen und unter denen das ganze Gebäude nun - wie es vorauszusehen war - völlig in sich zusammenbrach.

Einige Minuten vergingen, dann legte sich die riesige Staubwolke, die durch die Explosion des mehrgeschössigen Gebäudes entstanden war und aus der sich schließlich zur Erleichterung all seiner versammelten Teamkollegen auch Jack mitsamt dem sichergestellten Netbook in der Hand ganz langsam wieder erhob. Und während Lukas Svensson sich hustend und niesend den - auf ihn herabrieselnden - Staub von seinem Mantel zu klopfen begann, stand Charles an seiner Seite noch immer völlig erstarrt da und schaute auf jenen, sich langsam im staubigen Nebel abzeichnenden, meterhohen Geröllberg, an dessen Stelle vor wenigen Sekunden noch ein Hochhaus gestanden hatte. Wie in Zeitlupe ging er bei diesem erschütternden Anblick in die Knie, sein Kopf mit dem Wattebart senkte sich auf die staubbedeckte rotummantelte Brust, und seine schlaff herabhängenden Arme schlugen mit sich zu Fäusten ballenden Händen auf den staubbeschichteten, hartgefrorenen Erdboden. Seine tränenerstickte Stimme aber rief leise schluchzend immer noch den Namen seines verschollenen Begleiters: "Vierbein! Vierbein! Vierbein!". Und seinen schmerzerfüllten Gefühlen letztendlich freien Lauf lassend, fügte er jämmerlich weinend hinzu: "Nicht Du auch noch, Vierbein! Nicht Du! Nicht so! Lieber Gott, nicht doch schon wieder so!" ...

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